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29.04.2024

Umsetzung des §14a EnWG (SteuNA/SteuVE)

Mit einer Änderung im Energiewirtschaftsgesetz haben die Netzbetreiber zur Regulierung des Netzbetriebs eine neue Aufgabe zugewiesen bekommen. Seit 1.1.2024 sollen sie die netzorientierte Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen umsetzen.

Bild: FV EIT BW

Die Änderung im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erfolgte Anfang 2023 und ergab eine Neuregelung im §14a zur netzorientierten Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen. Der Bundesnetzagentur wurde eine Festlegungskompetenz übertragen, hierfür bundeseinheitliche Regelungen zu treffen.

Hintergrund:

Mit dem Hochlauf von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen sowie einer steigenden Zahl von Batteriespeichern steigt auch die Belastung der Verteilernetze. Um eine Überlastung zu vermeiden, haben Netzbetreiber schon jetzt die Möglichkeit, die Leistung von Ladestationen, Wärmepumpen, Klimaanlagen oder Batteriespeichern zu drosseln. Die Steuerung erfolgt dabei analog, so zum Beispiel über Zeitschaltuhr oder Rundsteuerempfänger. In Wohngebäuden erfolgt die Steuerung der Anlagen aktuell jedoch meist auf freiwilliger Basis. Die Anlagenbetreiber erhalten im Gegenzug ein reduziertes Netzentgelt. Das bis heute zumeist rein präventiv durchgeführte Steuern wird damit nach und nach durch ein „netzorientiertes Steuern“ abgelöst. Die Steuerung erfolgt über ein Smart Meter Gateway.

Nebenbedingung bei der Umsetzung der Steuerbarkeit ist dabei, dass ein Netzbetreiber den Anschluss von neuen Wärmepumpen, Klimaanlagen oder privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos zukünftig nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern kann. Im Gegenzug darf der Netzbetreiber, wenn eine akute Überlastung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär auf eine Mindestleistung von bis zu 4,2 kW reduziert. Damit können Wärmepumpen und Klimaanlagen weiter betrieben und E-Autos in aller Regel in zwei Stunden für 50 Kilometer Fahrstrecke nachgeladen werden. Der reguläre Haushaltsstrom ist davon nicht betroffen. Die besonderen Anforderungen von Großwärmepumpen werden berücksichtigt. Nachtspeicherheizungen sollen dauerhaft nicht unter die neuen Regelungen fallen.

Späte Vorgaben und hektische Umsetzung

Erst zum Jahresende 2023 hatte die Bundesnetzagentur mit zwei Veröffentlichungen zum §14a des EnWG konkrete Festlegungen zur Ausgestaltung solcher Vereinbarungen getroffen. Mit den Festlegungen wurden die Ausgestaltung einer Anreizvergütung und der Umgang mit den steuerbaren Stromverbrauchern ab dem 1.1. 2024 konkretisiert.

 

Insgesamt ein sehr kurzer Umsetzungszeitraum, der nun die Netzbetreiber und mittelbar auch die umsetzenden E-Handwerksbetriebe vor die Herausforderung stellt, zum einen konkrete Angebote an die Netzanschlussnehmer und Anlagenbetreiber zu machen und zeitgleich auch technische Lösungen für eine Steuerbarkeit anzubieten. Die Umsetzung erfolgt nun sukzessive mit der Veröffentlichung erster Ergänzungen zu Technischen Anschlussbedingungen (TAB) oder von Technischen Mindestanforderungen (TMA) seitens der Netzbetreiber. Begleitet wird dies durch Informationsveranstaltungen und Installateurinformationen für die eingetragenen Installationsunternehmen.

ZVEH erreichte Änderungen im Interesse von Betrieben und Kunden

Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) hatte sich intensiv in die beiden Konsultationsrunden zum „Festlegungsverfahren zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach § 14a Energiewirtschaftsgesetz“ eingebracht. So konnte er im Sinne von Kunden und e-handwerklichen Betrieben erreichen, dass empfindliche Vertragsstrafen, die dem Betreiber der SteuVE im Falle einer nicht funktionierenden Steuerbarkeit seiner Anlage ursprünglich auferlegt werden sollten, aus dem Text gestrichen wurden.

Darüber hinaus weist die BNetzA auf Drängen des ZVEH nun ausdrücklich darauf hin, dass der Netzbetreiber den Anschluss einer SteuVE seit 1. Januar 2024 grundsätzlich nicht mehr mit dem Argument einer dadurch drohenden Netzüberlastung ablehnen kann. Dies gilt also auch dann, wenn das „netzorientierte Steuern“ noch gar nicht durchgeführt wird.

Vorteile eines Energiemanagementsystems

Beim „netzorientierten Steuern“ wird die Anlage nicht vollständig heruntergeregelt, sondern lediglich der Netzbezug reduziert, sodass ein Mindestnetzbezug von 4,2 kW gewährleistet bleibt. Verbraucherinnen und Verbraucher können einzelne Anlagen direkt vom Netzbetreiber ansteuern lassen. Alternativ können sie wählen, von ihrem Netzbetreiber den Wert für einen zulässigen Strombezug zu erhalten, der insgesamt nicht überschritten werden darf. In diesem Fall koordinieren sie die Reduzierung durch ein Energiemanagementsystem (HEMS), das dann die die Reduzierung für mehrere steuerbare Verbrauchseinrichtungen eigenständig übernimmt. Letzteres hat den Vorteil, dass die Energie entsprechend den individuellen Wünschen des Betreibers auf die Verbrauchseinrichtungen verteilt werden und selbst erzeugte Energiemengen eingerechnet werden können. Eine Wärmepumpe oder eine Wallbox dürfen also zum Beispiel mehr Strom beziehen, wenn dieser aus der eigenen Solaranlage sowie aus einem Batteriespeicher stammen. Das Ziel ist es, regelmäßige netzorientierte Steuerungsmaßnahmen zu vermeiden.

Für die Berechnung der Mindestleistung stellt der ZVEH ein Berechnungstool zur Verfügung:

Übergangsregelungen

Während die Netzbetreiber bis Ende 2028 Zeit haben, das „netzorientierte Steuern“ umzusetzen, hat die Entscheidung der BNetzA für e-handwerkliche Betriebe und deren Kunden unmittelbare Auswirkungen. So müssen die Betreiber einer ab dem 1. Januar 2024 installierten SteuVE kundenseitig die notwendigen Voraussetzungen für das „netzorientierte Steuern“ schaffen, indem sie zum Beispiel die Installation eines Smart Meters sowie die sonstige für ein „netzorientiertes Steuern“ benötigte Technik beim Messstellenbetreiber als kostenpflichtige Zusatzleistung in Auftrag geben. Als Gegenleistung erhalten die Betreiber der SteuVE eine Kompensation in Form reduzierter Netzentgelte. Hier kann zwischen verschiedenen Modellen gewählt werden. Anders als bisher ist dafür künftig kein separater Zähler pro SteuVE mehr nötig, denn es sind auch pauschale Kompensationen möglich.

Auch für den Netzbetreiber gibt es Übergangsregelungen. Solange der Netzbetreiber noch nicht die notwendigen Vorbereitungen für die netzorientierte Steuerung getroffen hat, kann er maximal 24 Monate unter Beachtung einiger Rahmenbedingungen vorsorglich steuern. Diese sogenannte präventive Steuerung ist eine regelmäßige Maßnahme aufgrund einer prognostizierten Überlastung.

Nach Kenntnis des Fachverband EIT BW werden seitens der Netzbetreiber derzeit überwiegend technische Vorgaben zur Umsetzung einer solchen präventiven Steuerung veröffentlicht.

Viele Fragen zur Ausgestaltung

Die Vorgaben der Festlegungen der Bundesnetzagentur sollen zeitnah praxistauglich konkretisiert werden. Die BNetzA hatte die Netzbetreiber aufgefordert, gemeinsam mit anderen relevanten Marktteilnehmern Empfehlungen für die Standardisierung und massengeschäftstaugliche Umsetzung der netzorientierten Steuerung auszuarbeiten. Dies soll bis Anfang Oktober 2024 erfolgen. Der ZVEH wird zusammen mit dem BDEW einen Leitfaden entwickeln und veröffentlichen.

Die Neuregelung gilt verpflichtend für alle Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen mit Inbetriebnahme seit dem 01.01.2024. Für E-Handwerksbetriebe gilt daher: Es ist in jedem Fall ratsam, das Vorgehen frühzeitig mit dem zuständigen Netzbetreiber/ Messstellenbetreiber abzustimmen. Denn im Zuge des allgemeinen Smart-Meter-Rollouts werden ab 2025 ohnehin alle Messstellen mit einem Jahresverbrauch von mindestens 6.000 kWh sowie alle Betreiber einer Photovoltaik-Anlage ab 7 kWp sukzessive mit Smart Metern ausgestattet.

Der Landesinstallateurausschuss Strom BW hatte am 24.04.2024 ein Webinar zur Umsetzung des §14a EnWG angeboten. Die beiden Vorträge können Sie nachfolgend downloaden:

Im Nachgang wird es eine FAQ zu den Fragen aus dem Webinar-Chat geben, die wir dann auch publizieren.

Fazit

Was sinnvoll und notwendig ist, muss im Einzelfall entschieden werden. So kann es sein, dass bereits in der Vergangenheit SteuVE installiert wurden. Diese können in das System des „netzorientierten Steuerns“ wechseln und somit z. B. von einem Rabatt bei den Netzentgelten profitieren. Fraglich ist allerdings, inwieweit bereits bestehende Energiemanagementsysteme eingebunden werden können.

Die technischen Vorgaben der Netzbetreiber zur Umsetzung einer präventiven Steuerung stellen eine Zwischenlösung dar. Die Empfehlung an die E-Handwerksbetriebe ist, bereits jetzt neue und bestehende Zählerplätze für den Einsatz netzorientierter Steuerungen über intelligente Messsysteme (Smart Meter Gateway) und HEMS nach den Vorgaben der TAR Niederspannung und ggf. unter Berücksichtigung von konkreten Netzbetreiber-/Messstellenbetreiber-Vorgaben vorzubereiten.

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